Sanierung eines Kulturdenkmals - Nibelungenhalle - Königswinter, Deutschland

Historische Bauten

Sanierung eines Kulturdenkmals - Nibelungenhalle - Königswinter, Deutschland

Der als Museums- und Ausstellungshalle genutzte Kuppelbau lockt jährlich viele Tausend Besucher an und zählt zu den touristischen „Perlen“ am historischen „Eselsweg“ zum Drachenfels. Seit Jahrzehnten widmet sich die Eigentümerin Marlies Blumenthal dem Erhalt des Gebäudes – bislang fehlten allerdings die finanziellen Mittel für eine denkmalgerechte Grundinstandsetzung.

Thema 
Sanierung eines Kulturdenkmals
Objekt 
Nibelungenhalle
Ort 
Königswinter
Bundesland 
Nordrhein-Westfalen
Land 
Deutschland
Datum 
2014

Situation

Die Nibelungenhalle weist an zahlreichen Stellen Bauschäden auf. So ist das Kuppeldach undicht. Ursprünglich sollte es mit Kupfer verkleidet werden, dafür fehlten aber schon beim Bau der Halle die finanziellen Mittel. Die im Dach angebrachten Lichtflutungen für die Gemälde und 12 Scheiben mit den Sternkreiszeichen in der Kuppel wurden beschädigt und konnten bis heute nicht wieder hergestellt werden. Auch Gemälde bedürfen der Restaurierung, weil sie unter dem Wasser gelitten haben, das durch die undichten Stellen im Dach eingedrungen ist.

Lösung

In einem ersten Bauabschnitt soll die Kuppelkonstruktion saniert werden. Weiteren Schäden im prominenten Innenraum und an den historischen Gemälden durch eindringendes Niederschlagswasser kann damit nachhaltig vorgebeugt werden.

Das Sanieren der Kuppelkonstruktion und die damit verbundene Vordoppelung der Last stellt von vorne herein eine Herausforderung an die Statik dar.
Das dreigliedrige Gebäude besteht aus einem sechseckigen Zentralbau aus Drachenfels-Trachyt, dem Hauptbaustoff des Kölner Doms, der eine hohe doppelschaligen Kuppel aus Eisenbeton trägt, einer Apsis und einer wuchtigen Eingangshalle mit Tonnengewölbe. Das Gewölbe des Zentralbaues ruht auf 6 massiven Betonsäulen. Zwischen den Säulen spannen sich 6 tragende Stahlbetonunterzüge auf denen sich wiederum die Kuppel auflegt. Diese Unterzüge lagern sich selbst auf abgestuften Konsolen auf, die aus den Säulen herausragen.  Um die Raumwirkung stärker einer überkuppelten Rotunde anzunähern, hat der Architekt noch 6 nichttragende Stahlbetonbalken in der Unterzugsebene eingefügt. Diese lagern sich auf einer dritten, in den Innenraum hervorspringenden Konsole auf und lassen ein regelmäßiges 12-Eck, ein sogenanntes Dodekagon, entstehen.

Die Sanierung des Daches hat das Ziel die ursprünglich geplante Dachverkleidung mit Kupfer oder Blei jetzt aufzubringen. Für diese neue Lastsituation  wurden vom federführenden Statiker die 6 tragenden Unterzüge als Schwachstelle ermittelt. Im Unterschied zur Originalstatik (2 handgeschriebene Seiten zur Unterzugsposition) aus dem Jahre 1913 sind die Belastungen und die daraus resultierenden Schnittkräfte doppelt so hoch wie damals.

Um eine Unterzugsverstärkung zu realisieren, die möglichst zerstörungsfrei mit der Bausubstanz umgeht und keine Änderung der Unterzugsgeometrie zur Folge hat, bot sich eine Verstärkung mit CFK-Lamellen an. Für eine Machbarkeitsstudie waren zuerst einmal die Materialkennwerte von Stahl und Beton aus 1913 in ein Verhältnis zu den heutigen zu setzen.

Aus den Bestimmungen des Kgl. Preußischen Ministeriums vom 24. Mai 1907, die damals auch in Königswinter Gültigkeit hatten, konnten zumindest Anhaltswerte für eine Statik nach heutiger Norm hergeleitet werden. Mit einer Betondruckfestigkeit von σB = 30 kg/m²bei einem Sicherheitsbeiwert von γ = 6 (!), was in etwa einer heutigen Zylinderdruckfestigkeit von fck=18 N/mm² entspricht, und einer vergleichbaren Zugfestigkeit des damals gebräuchlichen Stahls von 320 N/mm²konnten die Verstärkungsmöglichkeiten mit CFK-Lamellen ausgelotet werden. Aufgeklebte Lamellen schieden wegen der fehlenden Verankerungslänge aus. Das Bemessen mit  Schlitzlamellen führte zu einem positiven Ergebnis. Als nächstes mussten dann die getroffenen Annahmen in der Realität überprüft werden:

  • Die Betonfestigkeit und die Haftzugsfestigkeit waren pro Unterzug jeweils in Feldmitte und alternierend über alle Unterzüge an jeweils einem  Punkt in Auflagernähe festzustellen.
  • Die Lage, Form und Verteilung der Bewehrung war nicht zerstörungsfrei festzustellen. In der Feldmitte und an den Auflagern wurden Suchschlitze ausgeführt.

Das Ergebnis der Prüfungen:

  • Damals wurden Bewehrungseisen aus Glattstahl 3Ø20 und 4Ø12 in Feldmitte eingebaut.
  • Am Auflager wurden jeweils alle 4Ø12 zur Schubaufnahme aufgebogen. Lage und Winkel der Aufbiegungen bleiben unbekannt. Die 3Ø20 wurden bis auf das Auflager (Konsolen)  geführt.
  • Die Schubbewehrung wird durch Bügel Ø8/25 ergänzt. Die Bügel lagen zum Teil direkt an der Betonoberfläche. Da nur Schlitzlamellen zur Ausführung kommen können, hat dies zur Folge, dass auf der Unterseite der Balken ein Aufbeton aufgebracht werden muss.
  • Gemäß der heutigen Norm werden die Querkraftaufbiegungen nur als Verdoppelung der vorhandenen Bügelbewehrung angesetzt. Der Rest wird als Sicherheit betrachtet.
  • Die Haftzugmessungen ergaben einen mittleren Wert von: fctm,surf = 2,2 N/mm²
  • Die Betonfestigkeit wurde mit fcm ≥ 28 N/mm²ermittelt, was wohl durch den damals hohen Zementanteil des Stampfbetons zu erklären ist.
  • Die optische Prüfung nach dem Entfernen des Putzes ergab, dass die Unterzüge nicht frei von Rissen sind. Die Risse liegen in Feldmitte und in den Drittelpunkten vom Stützenmittelpunkt aus gesehen und haben zum Teil eine Breite > 1 mm. Die Ursache und das Datum des Auftretens sind nicht feststellbar. Sehr wahrscheinlich sind es Trennrisse, die aus dem Abfließen der Hydratationswärme schon kurz nach dem Herstellen der Balken entstanden sind.

Ergebnis der Bemessung und Ausführung der Verstärkung:

  • Die Bemessung mit dem Programm S&P FRP Lamella 5.3 der Fa. S&P Clever GmbH Reinforcement in Frankfurt/Main ergab eine Verstärkung pro Balken mit 8 Schlitzlamellen. Die Schlitze liegen komplett im Aufbeton aus einem M3-Mörtel (StoPox Mörtel standfest).
  • Die notwendige Querkraftverstärkung konnte aus Gründen des Denkmalschutzes nicht mit den üblichen Stahllaschen durchgeführt werden, da diese trotz einer Putzschicht sichtbar geblieben wären. Aus diesem Grund entschied sich die Bauherrschaft für S&P C-Sheets 640 mit einer Stärke ohne Klebstoff von 0,19mm, die im Abstand 48 cm von einander über den Balken verteilt angebracht wurden.

Material

Sto S&P C-Sheets 640 und Sto S&P CFK Lamellen (Schlitzlamellen).

Bildergalerie

  • Außenansicht der Nibelungenhalle im Sommer 2014.

    Außenansicht der Nibelungenhalle im Sommer 2014.
     

  • Grundriss Erdgeschoß Nibelungenhalle.

    Grundriss Erdgeschoß Nibelungenhalle.

  • Skizze zur geplanten Unterzugsverstärkung.

    Skizze zur geplanten Unterzugsverstärkung.

  • Innenansicht - Zustand vor der Sanierung.

    Innenansicht - Zustand vor der Sanierung im Sommer 2013.

  • Innenansicht - Zustand vor der Sanierung.

    Innenansicht - Zustand vor der Sanierung im Sommer 2013.

  • Verstärkung der Unterzüge.

    Verstärkung der Unterzüge mit Sto S&P CFK Lamellen (Schlitzlamellen) im Frühjahr 2014.

  • Querkraftverstärkung der Unterzüge.

    Querkraftverstärkung der Unterzüge mit Sto S&P C-Sheets 640 im Frühjahr 2014.

    (Bildquelle: Stephan Nellen, Firma Schleiff)

  • Innenansicht nach der Renovierung.

    Innenansicht nach Abschluß der Renovierungsarbeiten im Frühjahr 2015.

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